real Talk mit Axel Scholten, ASSA ABLOY Group, einem führenden Anbieter von Zutrittslösungen

Wir sprechen mit Axel Scholten, Experte für smarte Schließlösungen bei der Assa Abloy Group. Das ursprünglich in Schweden gegründete Unternehmen hat Niederlassungen in über 70 Ländern. Die Unternehmensgruppe gilt als derzeit weltweit größter Gesamtlösungsanbieter von intelligenten Zutrittslösungen rund um die Tür.

red. Herr Scholten, ASSA ABLOY begrüßt seine Kunden im Netz mit einem Slogan, der sich ambivalent anfühlt: „Ihr Zugang für eine sichere und offene Welt.“ ‚Sicher‘ und ‚offen‘ sind keine Gegensätze. Aber gehören sie zusammen?

Scholten. Für mich sind die beiden Attribute absolut kein Gegensatz. Die ASSA ABLOY-Gruppe gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Zutrittslösungen und hilft Menschen praktisch jeden Tag, sich im eigenen Zuhause und in anderen Situationen sicher zu fühlen. Wer darauf vertrauen kann, dass seine Privatsphäre und persönliche Besitz gut geschützt ist, kann der Welt um sich herum zuversichtlich begegnen und somit insgesamt auch eine offenere Welt erleben. Als Sicherheitsexperten sehen wir darin unsere Verantwortung und wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.

red. Bei Schließtechnologie denkt der Laie an Tore, Türen und Fenster und heute freilich smarte Zugangskontrolle. Ist das auch der Löwenanteil Ihres Portfolios? Oder steht Ihr Business auf mehreren Säulen?

Scholten. Das kann man nicht einfach so sagen, denn unsere Schließtechnik hat sich stetig von rein mechanischen Schließlösungen bis hin zur smarten Zugangskontrolle weiterentwickelt. Entsprechend bietet ASSA ABLOY auch nach wie vor ein sehr breites Produktportfolio an Sicherheitslösungen und Schließsystemen an. Zum besseren Verständnis: In fast jeder Wohnungs- oder Haustür sind heutzutage Profilzylinder eingebaut. Sie gehören zu der gebräuchlichsten Form der Sicherheitstürschlösser und existieren bereits seit den 1920er Jahren. Rund 100 Jahre später ist der IKON-Profilzylinder als Traditionsmarke der ASSA ABLOY Gruppe noch immer erfolgreich im Einsatz. Durch die digitalen Möglichkeiten von heute ist dieser inzwischen auch innerhalb von nur wenigen Minuten durch seinen elektronischen Nachfolger im eCLIQ-Schließsystem ersetzbar. Die Firmentochter ASSA ABLOY Sicherheitstechnik GmbH entwickelt, produziert und vertreibt unter den Marken ASSA ABLOY, IKON, effeff, Planet und KESO Produkte rund um die Tür für unterschiedlichste Objekte – zum Beispiel für Büros, Schulen, Wohnhäuser, Krankenhäuser und Energieversorger. Das Angebot ist groß: Es reicht von Schließzylindern, Türschließern, Türöffnern und Riegeln über Fensterzusatzsicherungen bis hin zu komplexer Rettungswegtechnik und digitalen Zutrittskontrollanlagen für große Gebäude.

red. Aus welchen Branchen kommen derzeit Ihre wichtigsten Kunden? Wo sehen Sie viel neues Potenzial?

Scholten. Grundsätzlich sind alle Kunden wichtig und tatsächlich ist ASSA ABLOY in sehr vielen, unterschiedlichen Branchen mit maßgeschneiderten Gesamtsicherheitslösungen vertreten. Für einige Schlüsselbranchen und Anwendungsbereiche haben wir ausgewiesene Business Development Experten etabliert – von Public, bedeutet Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Museen, Kulturbetriebe und Industrie über KRITIS, also kritische Infrastrukturen und Healthcare bis hin zur Wohnungswirtschaft. So hat jeder dieser Kunden einen direkten und kompetenten Ansprechpartner, der das Projekt mit einem ganzheitlichen Blick von Anfang an und durch alle Stufen im Prozess begleitet und umsetzt.

red. Zu den Themen Kooperation/Joint Venture bzw. Integrierbarkeit von Schließtechnologie: Sind z. B. Sicherheitstüren direkt in Ihrem Portfolio vorhanden oder arbeiten Sie eher mit Partnern? Wo ist die Zusammenarbeit unabdingbar?

Scholten. Wir sind kein Türenhersteller, falls Sie das meinen. Wir bieten aber ein großes Portfolio an Sicherheits- und Schließtechnik rund um die Tür an. Das heißt also, wir pflegen seit jeher eine enge und teilweise langjährige Zusammenarbeit mit einem weitreichenden Netzwerk zertifizierter Partner im Fachhandel, mit Verarbeitern, Metallbauern, Schreinern und beispielsweise auch Türenherstellern.

red. In einem der Fachseminare von ASSA ABLOY geht es um sicherheitsrelevante Türen gestern, heute und zukünftig. Was sind die letzten relevanten Innovationen in dem Kontext?

Scholten. Das Thema ist sehr komplex und auf dem gesamten Gebiet der Gebäudesicherheit gibt es regelmäßig Innovationen, die sich mitunter auch durch die sich ständig ändernden Normen und Gesetzesvorgaben ergeben. Im Bereich der Rettungswegtechnik war eine der letzten Innovationen die designorientierte ePED, electrically controlled Panic Exit Device Panik-Druckstange. Sie vereint Panikstange und Fluchttürsteuerterminal in einer funktionellen Einheit. Für eine Fluchttüranlage ist damit kein separates Terminal an der Wand mehr notwendig, was den Verdrahtungsaufwand minimiert. Gesteuert wird das Fluchttürsystem über das integrierte Terminal mit Touch-Display. Viel tut sich auch im Bereich barrierefreier Sicherheitstechnik, zum Beispiel mit multifunktionalen Türschließsystemen, die sich außerdem durch ihren Begehkomfort und leichte Bedienbarkeit auszeichnen. Moderne Schließsysteme, die Türen dank Cam-Motion- oder Free-Motion-Technik automatisch öffnen, können das Leben von Gebäudemanagern und den Bewohnern deutlich erleichtern. Das schätzen auch Eltern mit Kinderwagen, Senioren und kleine Kinder.

red. Eine Frage zum Spannungsfeld Rettungs- und Fluchtwege. Wie lassen sich akute Notsituationen mit individuellen Zugangsberechtigungen vereinbaren?

Scholten. Ein schönes Beispiel für die Vereinbarkeit von Zutrittskontrolle und zuverlässiger Rettungs- und Fluchttürtechnik sind Schließsysteme wie der MEDIATOR. Gerade das MEDIATOR-System ist als selbstverriegelndes Fluchttürschloss eine ausgezeichnete Lösung als Eingangstür in einem Mehrfamilienhaus. Er ist schnell nachzurüsten und eine Verkabelung der Tür ist nicht notwendig, weil die Entriegelung über einen elektrischen Lineartüröffner von der Zargenseite aus erfolgt. Der Clou beim MEDIATOR-System: Obwohl Türen mit MEDIATOR von außen grundsätzlich verschlossen sind, erlaubt die integrierte Panikfunktion, dass die Türen bei Gefahr und im ‚Normalbetrieb‘ jederzeit von innen ohne Schlüssel zu öffnen sind. Zusätzlich können diese aber auch über eine Gegensprechanlage oder ein Zutrittskontrollsystem individuell geöffnet werden.

red. Der Dokumentation von Zutritt und Zugriffen kommt im Business eine zentrale Rolle zu. Wo liegen Ihre Schnittstellen zu anderen Anbietern, Stichwort ERP-Systeme, Zeiterfassung oder andere?

Scholten. Vernetzte und intelligente Schließsysteme bieten in diesem Kontext einen sehr großen Mehrwert, da sie auf Wunsch digital und in Echtzeit sämtliche Schließerereignisse dokumentieren können. Bei unseren Sicherheits- und Zutrittslösungen gehört auch das Angebot leistungsstarker Schnittstellen für die Integration mit anderen Gebäudesystemen wie zum Beispiel modernen Rettungswegsystemen auf Basis der bereits erwähnten ePED-Technologie dazu. Das erlaubt eine sehr große Flexibilität. Ein anderes Szenario für Integration: Wenn in einem Mietshaus etwa das Ablesen von Zählern ansteht, programmiert eine Verwaltungssoftware das Schließsystem automatisch so, dass die Dienstleister für einen engen Zeitraum Zugriff zu den dafür notwendigen Räumen erhalten. Es protokolliert den Zutritt und die Zeiten und vergleicht sie automatisch mit den Zeiten auf der Rechnung, die später vom Dienstleister zugeschickt wird.

red. Global und ggf. auch abstrakt gesprochen: Was wird das nächste große Ding bei Zutrittskontrolllösungen?

Scholten. Der Trend geht eindeutig zu sehr flexiblen, modular aufgebauten und digitalen Systemen, in denen Schließmedien eingesetzt werden, die ‚wissen‘, welche Türen sie öffnen dürfen und welche nicht. Die Vorteile solcher Systeme sind enorm: Verlorene Schlüssel sind kein Problem mehr, auch große Schlüsselbünde beim Facility Management gehören der Vergangenheit an, weil sie je nach Zutrittsberechtigung mit einem elektronischen Schließmedium theoretisch alle Türen, Spinde, Garagen, Aktenschränke etc. öffnen könnten. Außerdem kommen beispielsweise Dienstleister nur noch dann in bestimmte Gebäudebereiche, wenn man sie dafür freischaltet. Die Verwaltung der Schließmedien erfolgt in einer einfach zu bedienenden Oberfläche, die sich auch aus der Ferne komfortabel bedienen lässt. Zudem hat ASSA ABLOY mit der SCALA-CLIQ Integration eine neue Lösung entwickelt, wie sich eine elektronische Schließanlage mit einer Zutrittskontrolle in einer einzigen Benutzeroberfläche verbinden lässt. Durch die Vernetzung der beiden Systeme ist nicht nur eine einfachere Verwaltung gegeben. Es ist zudem möglich, unterschiedliche Sicherheitsniveaus bei Benutzergruppen zu etablieren. So erhalten Mitarbeiter, die Zugang zu sensiblen Bereichen haben müssen, einen elektronischen Schlüssel, während jene, die sich nur in öffentlichen Bereichen aufhalten, eine Zutrittskarte erhalten. Diese kann optional auch für andere Zwecke eingesetzt werden. Im Hochschulumfeld werden sie etwa gleichzeitig als Semesterausweis oder auch als Bezahlmedium in der Mensa verwendet.

red. Herr Scholten, herzlichen Dank für das Interview.

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