Datenschutz-Konzepte im Kontext hybrides Arbeiten: Fachbuchautor Dr. Christian Szidzek im Gespräch

Wir sprechen mit Dr. Christian Szidzek, Autor des Kompendiums „DSGVO für Dummies“, erschienen 2021 im Wiley Verlag. Als Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Thales. Rechtsanwälte. Datenschutz berät Dr. Szidzek gemeinsam mit seinen Kolleg*innen mittelständische Unternehmen und Konzerne, wenn es um die rechtssichere Umsetzung operativer Datenschutz-Konzepte geht. 

Red. Herr Szidzek, „Datenschutzgrundverordnung für Dummies“. Was hat Sie bewegt ausgerechnet in dieser Reihe zu publizieren? Zielgruppengerecht ist das für Sie doch eher nicht, oder?

Dr. Szidzek. Aber natürlich ist das zielgruppenorientiert! Es kommt aber darauf an, wie man seine Zielgruppe definiert. Zum Datenschutz kommt man nicht unbedingt, weil die Materie auf Anhieb unfassbar spannend erscheint, sondern durch eine tiefere Überzeugung, nämlich die, dass Datenschutz eine entscheidende Rolle bei der Frage spielen wird, welche Freiheiten wir in Zukunft noch genießen werden. Wissen ist Macht. Und wer genug über uns weiß, kann uns auch schnell beherrschen, also überwachen, manipulieren, diskriminieren usw. Nach vielen Jahren als Rechtsanwalt, die ich auch viel als Strafverteidiger tätig war – und auch heute gelegentlich noch bin -, habe ich festgestellt, dass die persönliche Freiheit in einem nicht zu unterschätzenden Ausmaß davon abhängig ist, wie wir mit den Informationen umgehen, die uns selbst betreffen. Die EU-Datenschutzgrundverordnung – DSGVO abgekürzt – ist aus meiner Sicht ein durchaus gelungener erster Ansatz die Freiheiten und Grundrechte von Bürgern einerseits zu gewährleisten, macht aber auch die Tür auf für neue Technologien und Möglichkeiten für einen neuen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Umgang mit dem immensen Datenschatz, den die digitale Datenverarbeitung mit sich bringt. Die Kunst besteht darin, einerseits die Freiheit des Individuums zu schützen gegen Übergriffe – egal aus welcher Ecke -, dabei aber andererseits nicht unnötig die großartigen Möglichkeiten zu torpedieren, die die neuen Technologien mit sich bringen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Die Zielgruppe meines Buches sind alle, die erkannt haben oder gerade dabei sind zu erkennen, dass Datenschutz Freiheit bedeutet, sowohl als Individuum als auch in unternehmerischer Hinsicht. Verständnis dafür zu fördern ist also durchaus in meinem Sinn. Des Weiteren ist es so, dass zwar einerseits viele Unternehmen ebenfalls den Wert des Datenschutzes erkannt haben und auch realisieren, dass sie auf einem trust driven marketplace einen Wettbewerbsvorteil durch die Einhaltung des Datenschutzes einfahren. Datenschutz aber operationell umzusetzen ist für diese Unternehmen nach wie vor eine nahezu monströse Aufgabe. Meine Zielgruppe sind also alle, die sich für den Datenschutz ideell interessieren und diejenigen, die die Datenschutzvorgaben schon geschäftsmäßig umsetzen wollen oder müssen. Sie alle werden sich in dem Büchlein wiederfinden.

Als Rechtsanwalt, der seit mehr als zwanzig Jahren im Geschäft ist, habe ich nur leider die Erfahrung gemacht, dass für juristische Zusammenhänge gemeinhin wenig Verständnis vorhanden ist. Das liegt aber nicht daran, dass sich keiner dafür interessiert oder nicht in der Lage wäre juristische Zusammenhänge zu verstehen. Das liegt ganz einfach daran, dass Juristen dazu neigen, alles unheimlich kompliziert und unter Verwendung der gelernten Fachsprache zu erklären, was für einen Nichtjuristen zu einer echten Zumutung werden kann. Deshalb habe ich mich entschieden, ein Buch zu schreiben, das sich nicht wieder erneut an Juristen und ihre Terminologie hält, sondern das jeder einfach lesen kann.

Red. Harte Worte über Ihren Berufsstand …

Dr. Szidzek. Nein, gar nicht. Meine Zunft ist so heterogen wie die Gesellschaft. Wenn Sie von Ihrem Arzt wissen wollen, an was Sie gerade erkrankt sind und welche Heilmethoden erfolgversprechend sind, wollen Sie ja nach dessen Diagnose auch nicht gerade im Pschyrembel nachschlagen müssen, sondern erwarten zu Recht eine auch für Sie als medizinischem Laien verständliche Formulierung. Leider lernen es Juristen im Studium nicht, sich auch juristischen Laien gegenüber verständlich auszudrücken. Und nachdem ich einige Jahre im Datenschutz tätig war und selbst bei Juristen feststellen musste, dass sie teilweise noch nicht einmal den Unterschied zwischen Datenschutz und Informationssicherheit kennen, reifte in mir der Gedanke hierzu einmal etwas Grundlegendes zu verfassen.

Red. Und dann kam Wileys auf Sie zu … 

Dr. Szidzek. Ja. Und die Dummies-Reihe des Wiley-Verlags ist hierzu geradezu prädestiniert. Sie richtet sich nicht in erster Linie an ein bestimmtes Fachpublikum, sondern an alle, die sich mit einem komplexen Thema in möglichst kurzer Zeit und einer für jeden verständlichen Sprache vertraut machen wollen. Und genau so habe ich versucht, das in dem Buch umzusetzen. Es richtet sich an Interessierte im Datenschutz, die sich für den Einstieg in eine komplizierte Materie ein Buch suchen, das sich auf das Wichtigste beschränkt und auch einen Nichtfachmann schnell mit einem Stoff vertraut machen kann, den an sich nur Fachleute beherrschen. Zu versuchen, mit möglichst wenig Aufwand das gesetzte Ziel zu erreichen, das „Minimax-Prinzip“, wie es mein Vater immer nannte, ist einfach effektiv. Man muss nicht alles studieren, um sich mit einem überschaubaren Aufwand auf einem bestimmten Gebiet einigermaßen auszukennen. Und um noch einmal abschließend auf die Zielgruppe zurückzukommen: Meine Zielgruppe sind alle, die sich für den Datenschutz interessieren, wie zum Beispiel vom Datenschutz geplagte Unternehmer, überforderte Datenschutzbeauftragte und -manager, Datenschutzkoordinatoren, Auftragsverarbeiter, Informationssicherheitsbeauftragte, Wirtschaftsprüfer, Revisoren, aber auch interessierte Privatpersonen.

Red. … klingt nach vielen Protagonisten …

Dr. Szidzek. Na ja. Im Buch sollte jeder alles finden, was er für seine Zwecke im Datenschutz benötigt. Was mir aber besonders gefallen hat an der Reihe ist der vorgegebene modulare Aufbau. Es ist zwar für den Autor eine echte Herausforderung das zu schaffen, aber der Leser kann dafür in dieser Reihe einfach dort aufschlagen, wo ihn ein Thema interessiert, ohne auch zugleich schon den vorherigen Text gelesen haben zu müssen. Es wird ihm mit möglichst einfachen Worten erklärt, worum es geht, welche Anforderungen bestehen und wie er diese am besten umsetzt. Das Ganze ist begleitet von Tipps, kleinen Anekdoten und den notwendigen Querverweisen, sollte der Leser an der einen oder anderen Stelle zusätzliche weiterführende Infos benötigen. Für mich persönlich war es gerade als Jurist eine große Herausforderung, komplexes juristisches Wissen wohl sortiert in eine für jeden verständliche Sprache zu bringen, sodass es auch noch Spaß machen kann, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und dieser Anspruch hat mich persönlich auch für meine eigene Beratungstätigkeit um Meilensteine weitergebracht.

Red. Uns interessieren vor allem Datenschutz-Konzepte im Kontext hybrides Arbeiten und mobiler Arbeitsplatz …

Dr. Szidzek. Ja klar, im Zuge der Corona-Krise und den damit verbundenen Home-Office-Pflichten kam natürlich auch im Datenschutz zunehmend Beratungsbedarf auf. Die Mitarbeiter arbeiten seitdem mal an ihrem Arbeitsplatz im Büro oder von zuhause aus. Telearbeitsplätze sind nach § 2 Abs. 7 der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben. Zudem muss die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert werden. So will es das Gesetz und das sind natürlich Herausforderungen, die man als Arbeitgeber erst einmal stemmen muss.

Red. Eine komplexe Frage zum Beginn. Mobile Arbeitsplätze brauchen adäquate technische Ausstattung. Was sind die drei wichtigsten Anforderungen an Hard- und Software, um den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu genügen?

Dr. Szidzek. Die wichtigste Anforderung ist vor allem, dass der Datenschutz im Homeoffice ebenso sichergestellt ist wie bei der Tätigkeit im Betrieb. Zunächst einmal sollten nur Endgeräte eingesetzt werden, die über eine gesicherte Verbindung – also VPN – und nur unter Multi-Faktoren-Authentifizierung auf das betriebseigene System zugreifen können. Auf den Endgeräten selbst sollten möglichst keine Daten gespeichert sein, weil bei einem Abhandenkommen eines Gerätes sonst Daten verloren gehen können. Und wenn das der Fall ist, weil zum Beispiel das Gerät verloren geht oder gestohlen wird, liegt formell eine meldepflichtige Datenschutzverletzung nach Art. 4 Nr. 12 der DSGVO vor. Das sollte man vermeiden. Die eingesetzte Software muss natürlich ebenfalls allen Ansprüchen an Informationssicherheit und Datenschutz genügen. Das zu organisieren ist nicht ganz so leicht und ohne geeignete Experten, die das System sauber aufsetzen, kann das schwierig werden.

Im Einzelnen müssten auch noch weitere Aspekte sichergestellt sein. Ich zähle einmal wahllos auf, auch auf die Gefahr hin, dass es mehr als drei Anforderungen sein werden:

  • Geräte (Notebooks, Tablets, Smartphones) immer mit einem starken Passwort absichern
  • Interne und externe Datenträger und Dateien verschlüsseln (bei Windows z. B. durch Bitlocker)
  • Papierakten weder im häuslichen Büro noch in Hotels oder anderen Unterkünften unverschlossen liegen lassen, auch nicht nur vorübergehend (Lagerung in abgeschlossenem Schrank, Verschließen des Zimmers)
  • Bei der Aktenbearbeitung außer Haus Sichtschutz sicherstellen (Geräte möglichst mit Blickschutzfilter/Displayschutzfolien versehen)
  • Nicht benötigte Over-the-Air-Schnittstellen deaktivieren, wie z. B. WLAN, Bluetooth, NFC, bzw. einzelne Schnittstellen nur bedarfsorientiert aktivieren
  • Kostenlose Hotspots meiden. Auf potenziell unsichere Hotspots nur über VPN zugreifen
  • Verbindungen ins dienstliche Netzwerk nur über gesicherte VPN-Verbindungen herstellen
  • Bei der Nutzung von privaten Druckern nach dem Ausdruck den Speicher des Druckers löschen (sofern eine Speicherung erfolgt); gleiches gilt für private Faxgeräte
  • Vertrauliche Papier-Ausdrucke immer sicher vernichten (Schredder-Sicherheitsstufe mindestens 3, bei geheim zuhaltenden Dokumenten Stufe 4). Sollte ein geeigneter Schredder nicht vorhanden sein, sind die zu vernichtenden Papierakten erst bei Rückkehr im Büro zu vernichten
  • Telefonate mit vertraulichem Inhalt sowohl im häuslichen Büro als auch in Bus, Bahn und sonstigen öffentlichen Verkehrsmitteln nur führen, wenn sichergestellt werden kann, dass umstehende Personen die Inhalte nicht mithören können

Da fällt mir auf Anhieb gleich viel ein, wie Sie feststellen können, aber es sind eigentlich alles Dinge, die selbstverständlich sein sollten.

Red. Gilt juristisch eigentlich die Arbeitsstätten-Verordnung auch an „mobilen Arbeitsplätzen“?

Dr. Szidzek. Naja, laut ArbStättV gilt für Telearbeitsplätze nur § 3 der ArbStättV bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes und § 6 – die Unterweisung von Beschäftigten – nebst Anhang Nummer 6. Also insoweit gilt die ArbStättV schon auch für Telearbeitsplätze, wenn auch nur eingeschränkt. Interessierten empfehle ich vorsorglich die Stellen nachzulesen. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, wie Juristen zu sagen pflegen.

Red. Wie darf der Arbeitgeber Arbeits- bzw. Kernarbeitszeiten im Home Office sichern bzw. kontrollieren?

Dr. Szidzek. Der Arbeitgeber ist ja sogar verpflichtet, die Arbeitsstunden seiner Mitarbeiter zu erfassen, vor allem wenn es Überstunden betrifft. Da gilt § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Und der Arbeitgeber muss die Nachweise darüber sogar für einen Zeitraum von zwei Jahren aufbewahren. In der Regel erfolgt das über Leistungsnachweise auf Vertrauensbasis oder durch Anmeldung in dem firmeneigenen Zeiterfassungssystem. Hier gibt es im Home-Office die gleichen Möglichkeiten, die auch sonst vorhanden sind. Der Arbeitnehmer loggt sich in das firmeneigene System ein und kann über die Dauer seines Log-Ins nachweisen, dass er in dieser Zeit gearbeitet hat. Der Arbeitgeber kann wiederum nachvollziehen, dass sein Mitarbeiter online war. Die konkrete Überwachung aller Tätigkeiten des Arbeitnehmers durch den Einsatz entsprechender Tools ist natürlich auch denkbar, aber datenschutzrechtlich sehr problematisch. Aus meiner Sicht ist das – abgesehen von den datenschutzrechtlichen Implikationen – auch ein etwas übertriebener Kontrollwahn, jeden Klick und jede Eingabe im System zu erfassen. Es kommt doch am Ende darauf an, welche Ergebnisse herauskommen und gute Ergebnisse werden meist nicht durch permanente Kontrolle erzeugt, sondern durch Spaß an der Arbeit.

Red. Haben Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber einen rechtlichen Anspruch, mobiles Arbeiten zu erzwingen?

Dr. Szidzek. Grundsätzlich richten sich die Pflichten eines Arbeitnehmers ausschließlich nach dem abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Wurde darin mobiles Arbeiten vereinbart, kann der Arbeitgeber natürlich auch verlangen, dass mobil gearbeitet wird. Wenn nicht, kommt eine vertragliche Ergänzung in Betracht. Aber das sind eigentlich eher Fragen an Arbeitsrechtler und weniger an Datenschützer.

Red. Gibt es beim mobilen Arbeiten Rechte & Pflichten betreffend Erreichbarkeit?

Dr. Szidzek. Auch das ist eher eine Frage aus dem Arbeitsrecht. Generell muss aber ein Arbeitnehmer innerhalb der vertraglichen Arbeitszeiten kommunikativ schon verfügbar sein, was eine Erreichbarkeit in der Regel beinhaltet. Daran ändert sich nichts, wenn der Mitarbeiter aus dem Home- Office heraus oder sonst tätig ist.

Red. Nochmal Thema ‚Kontrolle‘. Wenn Home Office ein mobiler Arbeitsplatz ist … hat der Arbeitgeber dann ein Zutrittsrecht zu Haus, Wohnung bzw. Büro des Arbeitnehmers?

Dr. Szidzek. Haha, auf diese Frage habe ich bereits gewartet. Ich stelle Ihnen eine kleine Gegenfrage: Wenn schon die Staatsanwaltschaft und die Polizei nur mit einem gerichtlichen Beschluss Ihr Haus betreten dürfen, glauben Sie dann Ihr Arbeitgeber hätte weitergehende Rechte? Ich verstehe natürlich, worauf Sie hinauswollen: Das Problem besteht beim Home-Office darin, dass Unternehmen, deren Mitarbeiter im Home-Office tätig sind, zwar einerseits die arbeitsrechtlichen Bedingungen im Home-Office gewährleisten müssen, für eine Kontrolle derselben dann aber auf den Widerstand der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG stoßen, der eine Kontrolle zuhause verbietet. Nun kann man zwar an eine entsprechende Einwilligung denken, wonach der Arbeitnehmer eine Kontrolle gestattet, wenn er dafür im Home-Office arbeiten darf. Leider ist es aber nun einmal so, dass Einwilligungen nur dann wirksam sind, wenn sie völlig frei und ohne jeglichen unmittelbaren oder mittelbaren Druck zustande kommen. Davon kann man leider in Subordinationsverhältnissen wie dem eines Arbeitgebers gegenüber einem wirtschaftlich abhängigen Arbeitnehmer nicht ausgehen. Zumindest, wenn man der bisherigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung folgt. Langer Rede, kurzer Sinn: Nein, der Arbeitgeber hat grundsätzlich kein Zutrittsrecht.

Red. Wie ist das mit dem Schutz relevanter Unternehmens- oder gar Kundendaten am „externen“ Arbeitsplatz, insbesondere dem etablierten Home Office? Wofür muss der Arbeitnehmer garantieren?

Dr. Szidzek. Der Arbeitnehmer muss zunächst einmal für gar nichts garantieren, außer für die Einhaltung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Diese müssen ihm dann, wenn er im Home-Office arbeitet, eben entsprechend auferlegt werden durch konkrete Arbeitsanweisungen und Vorgaben zur Einhaltung von Datenschutzvorschriften und Informationssicherheitsvorgaben. Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, kann man das auch über entsprechende Betriebsvereinbarungen verbindlich für die Belegschaft lösen. Ansonsten muss der Arbeitnehmer aber außer der Bereitstellung und Einbringung seiner Arbeitskraft und der Einhaltung der ihm gemachten Vorgaben keine weitere zusätzliche eigene Initiative entfalten.

Red. Der Arbeitgeber haftet im Außenverhältnis für Versäumnisse oder Datenschutz-Vergehen im Home Office. Wie kann er sich am wirkungsvollsten schützen?

Dr. Szidzek. Zunächst sollte der Arbeitgeber noch bevor erste Mitarbeiter in das Home-Office gehen (Stichwort „betriebliche Übung“) Regeln erlassen, wer wann unter welchen Bedingungen überhaupt im Home-Office arbeiten darf. Das geschieht über eine entsprechende Arbeitsanweisung oder Betriebsvereinbarung. Haben Sie keine ausreichend dokumentierten Arbeitsanweisungen erteilt, haften Sie ja bereits wegen Organverschuldens für jeden Mist, der passiert. Sodann muss über die interne IT sichergestellt sein, dass ein höchstmögliches Maß an Datensicherheit gewährleistet ist. Da sind die berühmten technisch-organisatorischen Maßnahmen (TOM), die zu ergreifen sind. Hier können Sie organisatorische Anweisungen erteilen, wie mit Daten umgegangen werden darf. Effektiver sind jedoch technische Maßnahmen, die eine datenschutz- und informationssicherheitskonforme Verarbeitung bereits systemseitig erfordern. Haben Sie alle Maßnahmen ergriffen, die nach dem aktuellen Stand der Technik und der Wissenschaft möglich sind und Ihr Mitarbeiter verstößt dennoch gegen die ihm auferlegten Vorgaben, können Sie sich exkulpieren, also freizeichnen. Aber auch nur dann.

Red. Welche Anforderungen gibt es an den Remote-Zugriff aus dem Home Office. Und wer trägt die Kosten für die ggf. benötigte, neue Infrastruktur beim Arbeitnehmer?

Dr. Szidzek. Ja, das sind vieldiskutierte Fragen, wer welche Kosten trägt. Der Arbeitgeber genießt den Vorteil, keine Aufwendungen für Bürokosten tragen zu müssen, wenn der Angestellte aus dem Home-Office arbeitet. Der Angestellte muss demgegenüber nicht lange ins Büro und zurückfahren. Wer hier welche Kosten trägt, lässt sich nur durch eine klare Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag regeln, die man auch treffen sollte, um Rechtsklarheit für alle Beteiligten zu schaffen. Aber auch das ist eher eine Frage des Arbeitsrechts, wie man solche gegenseitigen Interessenslagen in ein ausgewogenes Verhältnis bekommt.

Red. Muss der Arbeitnehmer ein Sicherheitskonzept für sein Home Office Büro vorweisen? Und wie sieht es mit dem Schutz sensibler Daten und Unterlagen vor Familienangehörigen aus?

Dr. Szidzek. Für das Sicherheitskonzept ist immer das verantwortliche Unternehmen verantwortlich, das dem Arbeitnehmer entsprechende Vorgaben für die Einhaltung von Sicherheitsstandards machen muss. Dass der Arbeitnehmer sich an diese halten muss, ist klar. Das gilt im Home-Office und natürlich auch gegenüber engen Verwandten. Im Büro würden diese ja auch nichts mitbekommen und so sollte es im Home-Office eben auch sein.

Red. Wie verhält es sich mit der privaten Nutzung von Dienstgeräten durch den Arbeitnehmer?

Dr. Szidzek. Ja, das ist immer auch ein Thema, bei dem freiheitsorientierte Unternehmensphilosophien und juristische Wirklichkeit unschön aneinandergeraten. Erlaubt oder duldet ein Unternehmen bei seinen Mitarbeitern die Privatnutzung von E-Mail-Accounts, Smartphones oder Tablets, wird es gegenüber diesen Mitarbeitern – ob es will oder nicht – zum Telekommunikationsanbieter und ist den entsprechenden Vorschriften unterworfen, die für solche Unternehmen gelten. Dazu gehört auch die Einhaltung des Post- und Fernmeldegeheimnisses (§ 206 Strafgesetzbuch). Will man gegen diese Vorgaben nicht verstoßen, darf man ohne Einwilligung des Mitarbeiters auf dessen Mail-Account nicht ohne Weiteres zugreifen. Ich empfehle meinen Mandanten in der Regel, die Privatnutzung von Firmen-Geräten generell zu untersagen. Jeder hat heute seine eigenen Möglichkeiten zu kommunizieren, sodass man dafür nicht den betriebseigenen Account verwenden und das Unternehmen nicht in die Bredouille bringen muss.

Red. Gestatten Sie uns ein paar persönliche Fragen? 

Dr. Szidzek. Ungern, aber wenn es sein muss.

Red. Wenn Sie ein Tier wären, dann wären Sie ein …? Bitte begründen Sie Ihre Aussage.

Dr. Szidzek. Da halte ich es mit Joachim Ringelnatz: „Wenn ich zwei Vöglein wär‘, und auch vier Flügel hätt.“ Wenn schon, dann wäre ich gerne zwei Vöglein. Dann könnte man aktuelle Themen besprechen und auch sonst frei sein bei dem, was einem Spaß macht. Als alter Flieger – ich habe vor einigen Jahren einmal einen Pilotenschein für Einmotorige gemacht– fasziniert mich zudem die Vorstellung, einfach loszufliegen. Aber allein fliegen ist langweilig. Vielleicht mag ja jemand mitfliegen? Dann wären wir schon vier Vöglein.

Red. Was ist für Sie die wichtigste Erfindung der letzten hundert Jahre?

Dr. Szidzek. Das lässt sich schwer auf eine einzige herunterbrechen. Aber Internet und GPS gehören schon einmal dazu.

Red. Bitte vervollständigen Sie den Satz. In einem nächsten Leben würde ich …

Dr. Szidzek. … es wahrscheinlich ähnlich machen wie in diesem, ob ich wollte oder nicht und egal ob alles richtig war oder nicht. Da bin ich mir ein wenig einig mit Schopenhauer: „Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will“. Betrachtet man sich selbst mit der gebührenden Ehrlichkeit, sind die Möglichkeiten der Selbstentfaltung determiniert durch das, was man tief im Inneren will und die Fähigkeit und Bereitschaft es umzusetzen, ohne das aber selbst im Kern tatsächlich allzu sehr beeinflussen zu können. Das ist bei jedem ein bisschen anders und es ist schon viel gewonnen, überhaupt nur herauszufinden was man will, geschweige denn, es umzusetzen.

Red. Zum Schluss: Haben Sie ein Lebensmotto und teilen Sie es mit uns?

Dr. Szidzek. Wenn die Zeit käme, in der ich könnte, ist die Zeit vorbei, in der ich kann“. Das ist auch schon wieder geklaut und zwar von Marie von Ebner-Eschenbach, aber das trifft es ziemlich gut.

Red. Herr Szidzek, herzlichen Dank für das Interview.

Dr. Szidzek. Herzlichen Dank auch von meiner Seite.

WILLKOMMEN IM
#realoBlog

Follow us