real Talk mit Elizabeth C. Nelson, Autorin ‚The Healthy Office Revolution‘

Wir sprechen mit Elizabeth C. Nelson der Autorin von The Healthy Office Revolution. Der Titel des Buchs spricht für sich. Nelson und Team zeigen anhand wissenschaftlicher Studien die Interdependenz unterschiedlicher Merkmale auf, die die Leistung von Arbeitnehmern beeinflussen. Im real Talk sprechen wir mit der Expertin über die Zukunft von „Healthy offices“. Das Interview wurde in Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt.

red. Frau Nelson, was sehen Sie als die Hauptursache für die stetig entstehenden Burnouts im Büroalltag?

Nelson. Unsere Büros sind nach Industriestandards eingerichtet. Doch Tatsache ist, wir arbeiten nicht in Fabriken und das Arbeitsergebnis ist nicht mit den geleisteten Arbeitsstunden gleichzusetzen. Wir müssen uns selbst als komplexes und kreatives Wesen verstehen, das durch Investition in unser Wohlbefinden, Gesundheit und eine gesunde Work-life-Balance, in der Lage ist bessere Arbeit zu leisten statt einfach mehr zu arbeiten.

red. In einem Ihrer Beiträge erwähnten Sie die immense Bedeutung von Einflussfaktoren wie Beleuchtungstechnik, Ernährungsverhalten und dem Grundsatz Biophilie die zur Verbesserung des Arbeitsklimas in Unternehmen in Angriff genommen werden sollten. Zudem sprechen Sie über Achtsamkeit als ganzheitliches, wünschenswertes Konzept an. Was verstehen Sie darunter?

Nelson. Achtsamkeit und Meditation sind machtvolle Werkzeuge, jedoch sind Räume, die zu solchen Zwecken eingerichtet werden häufig ungenutzt oder nur von jenen genutzt die bereits über eine gute seelische und körperliche Gesundheit verfügen. Wir haben Räume gesehen und designed, welche eher passiv dazu in der Lage sind eine meditative oder sensibilisierende Umgebung zu schaffen. Der Blick in die Natur, Bilder an der Wand oder digitalisiert dargestellte Natur in der Büroumgebung sowie natürlicher Lichteinfall, sind eine wunderbare Möglichkeit den Blutdruck niedrig zu halten, Stress zu mindern, die Stimmung zu heben etc. Ich glaube diese Faktoren in den Raum zu integrieren ist am Besten geeignet die Personen zu erreichen, die unter enormem Stress stehen.

red. Gibt es Beispiele für Unternehmen in Zusammenhang mit „praktizierter Achtsamkeit“ die Sie nennen können? Oder anders: Wie sähe Achtsamkeit im Hinblick auf die Integration und Umsetzung im Alltag mittelständischer Unternehmen aus?

Nelson. Ich denke, das ist ein stetig laufender Prozess.

red. Ihr Buch The Healthy office Revolution ist von 2017, können Sie heute bereits Verbesserungen sehen? Aspekte, die von Arbeitgebern umgesetzt wurden, auf Grund der Sensibilisierung der von Ihnen erforschten Erkenntnisse?

Nelson. Es sind nun 4 Jahre vergangen seit der Veröffentlichung des Buches und es ist ein unglaublich inspirierender Prozess zu beobachten wie das Bewusstsein und und das Engagement für „gesunde Räume“ weiter anwachsen.

red. Wirkungskräftige Begrünung des Arbeitsplatzes scheint nach wie vor zukunftsweisend zu sein und, viel wichtiger, sehr arbeitsintensiv für den Arbeitgeber. Gibt es hierfür Beispiele?

Nelson. Die Entwicklung hin zu wirklich breit gesetzter Bepflanzung ist noch ein paar Jahre hin, aber schon jetzt ist ein ein erhöhtes Tempo zu bemerken. Es ist wirklich spannend zu beobachten, dass es mehr und mehr zur Normalität wird. In Europa beispielsweise werden in Zukunft 70% der Arbeitnehmer Millennials sein, eine Generation welche viel Wert auf eine gute Work-Life-Balance legt und Flexibilität einem hohen Gehalt vorzieht. Soziale und Gesundheitliche Belange sind sehr wichtig und es wird passieren das immer mehr Insider für diese Belange eintreten, besonders im Kampf um junge Talente.

red. Stichwort Healthy Office und Employer Branding: Gibt es hierzu Studien, die Einstufen was den Mitarbeitern heute am Wichtigsten ist?

Nelson. Ich denke das Mitarbeiter zunächst lernen müssen, wie sie selbst am Besten arbeiten können und sie brauchen einen Arbeitgeber der Ihnen diese Flexibilität bietet. Sind Mitarbeiter Morgenmenschen oder arbeiten sie am Besten in ruhigen/privaten Räumen, was ist die beste Anzahl Meetings? Arbeitgeber müssen einen Raum schaffen und eine Struktur für eine Vielzahl von unterschiedlichen Mitarbeitern und Mitarbeiter müssen anfangen herauszufinden unter welchen Bedingungen Sie am Besten arbeiten.

red. Erfolgreiches Marketing lebt von guten Inhalten, welche sich besonders im Social Media Bereich manifestieren. Wie können Arbeitgeber Healthy Office nutzen um bei potenziellen Bewerbern zu punkten?

Nelson. Der Kampf um vielversprechende Mitarbeiter ist real und gesunde, nachhaltige und intelligente Gebäude stellen einen riesigen Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung von Mitarbeitern dar.

red. Gibt es belastbare Zahlen zum Ertrag der Investition in Healthy Office Strategien?

Nelson. Das ist etwas wonach sehr oft gefragt wird, die Wahrheit ist, es existieren sehr viele Daten die den Schaden offenlegen der in vielen Unternehmen anhand der gelebten Bürokultur entsteht und die ein oder andere Forschung dazu, welche Auswirkungen ein gesundes Arbeitsumfeld und gesunde Mitarbeiter auf die Kapitalrendite haben können. Allerdings, und möglicherweise am Interessantesten, gibt es keine Forschung dazu was in einer idealen Umgebung und Kultur wirklich geschieht. Wie stark steigt die Innovation? Um wie viel sinken die Krankheitstage? Wie viel länger bleiben Mitarbeiter im Unternehmen? Und der Grund warum ich weiß das keine Forschungen zu diesen Faktoren existieren ist, dass wir bislang kein ideales Umfeld gefunden haben. In der Realität machen wir so viel falsch in unserem Büroumfeld und nur Experten können einige Positive Veränderungen erwirken. Wir haben jedoch erst an der Oberfläche gekratzt wie wir am Besten arbeiten können und müssen diese Entwicklung weiter vorantreiben.

red. Welche Rolle spielen die Digitalisierung und Automatisierung auf dem Weg zum Healthy Office?

Nelson. Meinen Doktortitel habe ich in Biomedizintechnik gemacht und als Mitbegründerin des digitalen Gebäudemanagements glaube ich, das mit Technologie enorm viel erreicht werden kann. Technologie ist ein erstaunliches Werkzeug, jedoch auch nicht mehr als das. Wir brauchen nach wie vor Menschen die sich mit der Funktionsweise von Technologien auskennen und welche Erkenntnisse wir aus ihnen gewinnen können.

red. Sie sind Autorin, Rednerin und Beraterin. Welche dieser Rollen nimmt aktuell die meiste Zeit in Anspruch? Und gibt es noch Facetten in Ihrem Berufsleben die wir nicht angesprochen haben?

Nelson. Ich denke über allem gesehen würde ich mich als Störer ansehen. Ein Verursacher positiven Ärgers. Meistens berate ich, obwohl ich auch viel rede und dies auch sehr gerne tue. Bezüglich etwas Neuem, es wird ein neues Buch herauskomme. Ich wurde so oft diesbezüglich gefragt und mir wurden einige gute Angebote gemacht. Das ist etwas worauf ich mich freue, wenn die Zeit reif ist.

red. Wenn Sie an Ihr eigenes Publikum denken – wer sind Ihre idealen Kunden?

Nelson. Das ist das Schöne. Wir alle verbinden uns mit diesem Konzept und alle haben davor so gekämpft in einer der aktuell vorherrschenden Arbeitskulturen. Als ich anfing mich darauf zu fokussieren wer der ideale Kunde ist, war ich sehr überrascht festzustellen wie vielfältig die Unternehmen und Kunde sind mit denen wir zusammen arbeiten.

red. Welches ist das spannendste Projekt das sich an ihrem Arbeitshorizont abzeichnet?

Nelson. Ich liebe die Zusammenarbeit mit Universitäten und Unternehmen. Ich denke es ist ein komplexer Prozess, liefert auch so viele wertvolle Einsichten. Wenn aus den Ergebnissen eine wissenschaftliche Zeitschrift wird, Marketingmaterial und wirkliche Änderungen daraus hervorgehen. Das sind mir die liebsten Projekte.

red. Haben Sie ein bestimmtes Motto im Leben?

Nelson. Ich habe kein Motto, aber ich glaube daran jene Dinge anzugehen die nicht gut laufen und auf konstruktive Art Missstände zum Thema zu machen.

red. Vielen Dank für das Gespräch.

Nelson. Ist mir eine Ehre ein Teil Ihrer Reihe zu sein.

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