Einzel- vs. Großraumbüro – wo arbeitet es sich besser?

Nach wie vor gelten in vielen Unternehmen offene Arbeitsbereiche als zukunftsweisend, weil sie die Kommunikation untereinander stärken sollen und außerdem die Wege im Büro kurz halten. Dabei gibt es längst berechtigte Einwände gegen das Einzelbüro und zwar ausgerechnet von der renommierten Harvard Universität in den USA. Einzel- vs. Großraumbüro: wo arbeitet es sich wirklich besser?

Unter dem Arbeitstitel „The Impact of the Open-Workspace on Human Collaboration“ veröffentlichte ein Professor der Universität Harvard gemeinsam mit einem Kollegen eine spannende Forschungsarbeit zum Thema: Wie wirken sich Großraumbüros tatsächlich auf die Arbeit des Einzelnen aus? Bernstein und Turban wollten dokumentieren, inwiefern sich das Kommunikationsverhalten unter den Kollegen tatsächlich veränderte, wenn sie so eng beieinander arbeiteten. Mit einem überraschenden Ergebnis.

Womit Großkonzerne locken

Die Testgruppe, bestehend aus Mitarbeitern zweier US-Großkonzerne, wurden während eines festgelegten Zeitraums nicht nur beobachtet, ihre Daten wurden auch analysiert. So kam es den Wissenschaftlern nicht nur darauf an zu messen, wie oft und wie lange die Kollegen untereinander in Kontakt traten, sondern auch auszuwerten, wie oft sie dies mithilfe der modernen Technologien taten. Deshalb wurden auch Gespräche via Mail und Instant-Messenger-Diensten in die Beobachtungen mit einbezogen. Dazu trugen sämtliche Probanden soziometrische Sensoren am Körper, um subjektive Fehlinterpretationen auszuschließen. Außerdem werteten die Forscher Serverdaten der Unternehmen diesbezüglich aus. Und sie waren vom Ergebnis überrascht. Während die Mitarbeiter vor dem Einzug in das Großraumbüro täglich im Durchschnitt 5,8 Stunden Gespräche führten, waren es eine Woche später im neuen Büro gerade einmal 1,7 Stunden. Daraus ergibt sich ein Rückgang um gleich 72 Prozent!

Persönlicher Kontakt stark rückläufig

Das war aber noch nicht alles. Gleichzeitig konnten die Forscher einen hohen Anstieg bei der Nutzung von elektronischen Kommunikationsmitteln beobachten. Es schien fast so, als ersetzt die virtuelle Kommunikation die reale vor Ort. So stieg die Anzahl der verschickten Mails um 56 Prozent an, die Zahl der Kurznachrichten via SMS und anderer Dienste stieg um 67 Prozent an. Dabei gab es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede zu entdecken. Das erschien überraschend, waren die Forscher doch zu Beginn ihrer Untersuchungen davon ausgegangen, dass Großraumbüros den Kontakt untereinander fördern und nicht hemmen würden. Dabei trat das genaue Gegenteil davon ein. Scheinbar waren sich die Kollegen schnell überdrüssig und wollten persönliche Gespräche oder den konkreten Austausch doch lieber hinter verschlossenen Türen durchführen. Da dies nicht möglich war, nutzten sie den Umweg über die sozialen Medien.

Einzel- vs Großraumbüro oder doch lieber eine Mischung?

In einem daran anschließenden Teil der Studie untersuchten die Forscher, ob persönliche Bereiche innerhalb des Großraumbüros die Häufigkeit der Kommunikation steigen lassen würde. Dazu trennten sie den großen Raum mit kleinen Kabinen ab, in denen die Mitarbeiter zwar kein ganzes Büro, wohl aber einen eigenen Bereich ihr Eigen nennen konnten. Hier stiegen die Zahlen an Kontakten zumindest geringfügig an. Demnach ergab sich für moderne Großraumbüros und ihren Blick auf die Zukunft unweigerlich folgende Frage: Macht es Sinn, groß und offen zu planen oder sind persönliche Arbeitsplätze doch förderlicher für die Kommunikation und damit auch das Unternehmen insgesamt? Die Antwort kann und sollte nicht ganz so eindeutig ausfallen, weil es sich hier um zwei Extreme handelt. Der Möglichkeit ausschließlich in einem Einzelbüro zu sitzen oder die Arbeitszeit in einem Großraumbüro zu verbringen, wie auch immer dies eingerichtet und gestaltet ist. Den Mittelweg gehen heute schon viele Unternehmen, indem sie bewusst Zonen schaffen für ein gemeinsames Zusammenkommen und der Arbeit an bestimmten Projekten auf der einen Seite und Zonen für individuelles Arbeiten und kleine Konferenzen auf der anderen Seite. So bekommt jeder, was er gerade braucht und hat die Wahl, womit er sich in der jeweiligen Arbeitssituation am wohlsten fühlt. Fazit des Duells Einzel- vs. Großraumbüro: Beide haben ihre Vor- sowie Nachteile, deshalb macht es Sinn ein Multispace-Office zu planen. Hier werden die Vorteile beider kombiniert.

Bildurheber: denisismagilov

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